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Entwicklung von Gesamtwirtschaft und Branche

Nach einer lebhaften ersten Jahreshälfte 2022 hat sich laut Europäischer Komission das Tempo des Wirtschaftswachstums in der Europäischen Union im Sommer verlangsamt. Während die durch die Wiederbelebung der Wirtschaft entstandene Dynamik nachlässt, gewinnen die durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelösten kontraktiven Kräfte die Oberhand. Die Energiepreiserhöhungen wirken sich auf die gesamte Wirtschaft aus, und die hohe Inflation schmälert die Einkommen und Ersparnisse der Haushalte so stark wie seit Langem nicht mehr. Eine Rezession in diesem Winter ist wahrscheinlich und die wirtschaftliche Schwäche wird voraussichtlich auch im Jahr 2023 anhalten. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen ist die deutsche Wirtschaft laut Schätzung des Statistischen Bundesamts im Jahr 2022 gemessen am Bruttoinlandprodukt (BIP) um 1,9 % gegenüber dem Vorjahr gewachsen. Gleichwohl belastet die Energiekrise laut IfW Kiel die deutsche Wirtschaft weiterhin schwer. In Schweden wuchs das BIP im Jahr 2022 laut Konjunkturinstitutet um voraussichtlich 2,8 %. Die hohe Inflation und die steigenden Zinssätze werden 2023 zu einer Verlangsamung der schwedischen Wirtschaft beitragen. In Österreich wuchs das BIP aufgrund des starken ersten Halbjahres laut WIFO voraussichtlich um 4,7 %. Es dürfte derweil im Winterhalbjahr zurückgehen. Für 2023 wird ein BIP-Wachstum von 0,3 % in Deutschland (IfW Kiel), -0,9 % in Schweden (Konjunkturinstitutet) und 0,3 % in Österreich (WIFO) erwartet.

Der Arbeitsmarkt zeigte sich insgesamt stabil. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind laut Arbeitsagentur 2022 in Deutschland im Jahresdurchschnitt deutlich gesunken, wobei die Rückgänge auf der günstigen Entwicklung im Vorjahr und im 1. Halbjahr 2022 beruhen. Ab der Jahresmitte hat dann die Erfassung ukrainischer Geflüchteter zu einem Anstieg im weiteren Jahresverlauf geführt. Laut Bundesagentur für Arbeit ist die Arbeitslosenquote auf Basis aller zivilen Erwerbspersonen im Jahresdurchschnitt 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 0,4 Prozentpunkte auf 5,3 % gesunken. In Schweden betrug die Arbeitslosenquote laut Konjunkturinstitutet im Jahr 2022 voraussichtlich 7,4 %, rund 1,4 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. In Österreich lag die Arbeitslosenquote nach nationaler Berechnung laut Arbeitsmarktservice im Jahr 2022 bei 6,3 % und damit 1,7 Prozentpunkte niedriger als im Vorjahr. Angesichts der Herausforderungen für die Wirtschaft dürfte sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt 2023 vorübergehend eintrüben. Dann wird eine Arbeitslosenquote nach jeweils nationaler Definition von in Deutschland 5,5 % (IfW Kiel), Schweden 8,1 % (Konjunkturinstitutet) und Österreich 6,5 % (WIFO) erwartet.

Im Jahr 2022 kam es unter dem Druck der Energie-, Lebensmittel- und anderer Rohstoffpreise zu einem spürbaren Anstieg der Inflation. Gemessen am jeweiligen nationalen Verbraucherpreisindex (VPI), lag sie gegenüber dem Vorjahr laut Zahlen der nationalen statistischen Ämter im Jahresdurchschnitt bei 7,9 % in Deutschland und voraussichtlich 8,4 % in Schweden bzw. 8,6 % in Österreich. Für das Jahr 2023 wird erwartet, dass sich der Preisauftrieb abschwächt und die Inflationsraten etwas niedriger ausfallen. Nach jeweils nationaler Definition wird ein VPI-Anstieg von in Deutschland 5,4 % (IfW Kiel), in Schweden 5,2 % (Konjunkturinstitutet) und in Österreich 6,5 % (WIFO) erwartet.

Angesichts der hohen Inflation hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins in vier Schritten seit Juli 2022 von 0 % auf nunmehr 2,5 % zum Jahresende 2022 angehoben. Bereits mit 1. Juli stellte die EZB die Anleihenkäufe ein. Die hohe Inflationsrate veranlasste auch die Schwedische Reichsbank dazu, die Policy Rate zunächst im Mai 2022 auf 0,25 % und in drei weiteren Schritten auf nunmehr ebenfalls 2,5 % zum Jahresende 2022 anzuheben. Zudem entschied die Reichsbank im Juni, in der zweiten Jahreshälfte 2022 in geringerem Umfang Anleihen zu kaufen als ursprünglich beschlossen. Weitere Anhebungen von Leitzins bzw. Policy Rate dürften im Jahr 2023 folgen. So hoben im Februar 2023 die EZB den Leitzins bzw. die Schwedische Reichsbank die Policy Rate auf jeweils 3,0 % an. In diesem Umfeld zogen die Bauzinsen in Deutschland, Schweden und Österreich im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr deutlich an.

Der Zinsanstieg belastet die Immobilienmärkte. Die Märkte für Wohneigentum haben sich im Jahresverlauf abgekühlt, und die Zeiten hoher Preisanstiege dürften der Vergangenheit angehören. Die fundamentalen Rahmenbedingungen aus Sicht von Vermietern bleiben derweil laut Savills in Deutschland vorteilhaft. Die Nachfrage nach Mietwohnungen ist spürbar gestiegen, u. a. durch eine stark gewachsene Bevölkerung und weil sich viele Haushalte momentan keinen Eigenheimerwerb mehr leisten können und daher Mieter bleiben. Deutschlandweit stiegen die inserierten Mieten weiter an und lagen laut empirica im Durchschnitt aller Baujahre im 4. Quartal 2022 um 6,6 % (Neubau 6,3 %) höher als im Vorjahresquartal. Weitere Mietsteigerungen sind im Jahr 2023 wahrscheinlich. Mit Blick auf die Bestandsmieten wäre es laut DB Research keine Überraschung, wenn diese künftig strukturell mit deutlich mehr als 2 % pro Jahr zulegen. Savills schätzt, dass das durchschnittliche Mietwachstum für Wohnungen in Schweden im Jahr 2022 bei 3 bis 5 % lag. Es wird voraussichtlich drei bis fünf Jahre dauern, bis die Mietentwicklung zur Inflationsrate aufholt. Gemessen am Index für tatsächliche Mietzahlungen für Hauptwohnungen im Rahmen des Verbraucherpreisindex, stiegen auch die Mieten in Österreich seit Jahresbeginn an und lagen im Dezember 2022 rund 5,4 % höher als im Vorjahresmonat. Frei vereinbare Mieten dürften laut RE/MAX 2023 in Österreich geringfügig steigen, in Landgemeinden könnten sie auch nachgeben.

Während die Wohneigentumspreise zu Jahresbeginn noch kletterten, kühlte die Preisdynamik in Deutschland, Schweden und Östereich im Jahresverlauf spürbar ab. Der empirica Preisindex für Deutschland für Eigentumswohnungen (alle Baujahre) lag zum 4. Quartal 2022 dennoch um 0,6 % höher (Neubau 5,2 %) als im Vorjahreszeitraum. Die Preise für Mieter-Eigentümer-Wohnungen in Schweden („Bostadsrätter“) sanken laut Svensk Mäklarstatistik im Dezember 2022 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 8,6 %. Der Wohnimmobilienpreisindex der Österreichischen Nationalbank (OeNB) auf Basis neuer und gebrauchter Eigentumswohnungen sowie Einfamilienhäuser in Österreich zeigt für das 4. Quartal 2022 noch einen Anstieg von 5,2 % gegenüber dem Vorjahr. Die Preisgipfel bei Eigentumswohnungen in Deutschland bzw. Mieter-Eigentümer-Wohnungen in Schweden wurden innerhalb des 1. Halbjahres erreicht. In der Folge gaben die Wohnungspreise im weiteren Jahresverlauf nach. In Österreich zeigt der OeNB-Wohnimmobilienpreisindex im 3. Quartal, nach Anstiegen in den Vorquartalen, nahezu Stagnation bei der Preisentwicklung und gab erst im 4. Quartal nach. Trotz des nach wie vor teils hohen Wohnbedarfs wirken die geänderten Rahmenbedingungen belastend auf die Nachfrage nach Wohneigentum in allen drei Ländern. Angesichts der fundamentalen Angebotsknappheit erwartet DB Research in Deutschland nur eine Preisdelle. Der Preistrend bei Wohneigentum in Schweden und Österreich zeigt laut Boverket bzw. RE/MAX für 2023 zunächst nach unten.

Die Bevölkerungszahl in Deutschland, Schweden und Österreich ist 2022 voraussichtlich erneut gestiegen und dürfte weiter wachsen. Es fehlt in vielen großen Städten und Metropolregionen nach wie vor an Wohnungen. Indessen sinkt die Bautätigkeit in Deutschland. 2022 wurden nach Schätzung des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe nur 280.000 Wohnungen fertiggestellt und für 2023 könnten es nur 245.000 sein (2021: 293.393). Die Bundesregierung hat sich das Ziel von jährlich 400.000 neuen Wohnungen in Deutschland gesetzt. Für 2023 und 2024 schätzt CBRE einen Wiederanstieg der regulären Zuwanderung (Arbeitskräfte, Familiennachzug, Studenten) von über 350.000 Personen pro Jahr als realistisch ein. Infolge des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine befinden sich zudem aktuell rund eine Million Ukraine-Geflüchtete in Deutschland. Die Wohnungsknappheit düfte damit weiter zunehmen. Laut Schätzung von Boverket müssen in Schweden bis 2030 jährlich rund 63.400 Wohnungen neu gebaut werden. 2022 wurden voraussichtlich rund 64.000 Wohnungen fertiggestellt (2021: knapp 53.000) und damit der jährliche Zusatzbedarf erreicht. Die Bedingungen für den Wohnungsbau haben sich aber seit Anfang 2022 sehr schnell verschlechtert. In Österreich hat laut Bank Austria der Wohnungsbau in den letzten Jahren dem stark gestiegenen Bedarf an Wohnraum weitgehend Rechnung getragen. Es dürften aber vor allem im Bereich günstiger Mietwohnungen in den größeren Städten noch Lücken bestehen. Im Umfeld der Nachwirkungen der Corona-Pandemie und Auswirkungen des Ukraine-Kriegs waren im Jahr 2022 die Bauindustrien mit gestiegenen Preisen, gestörten Lieferketten und bestehendem oder drohendem Materialmangel sowie dem Zinsanstieg konfrontiert. In Deutschland und Österreich fehlt es zudem an ausreichend Fachkräften. Laut DB Research dürften die Baukosten insgesamt in Deutschland im Jahr 2023 kaum zurückgehen. Vor dem Hintergrund rückläufiger Bauinvestitionen könnten sich aber Lieferengpässe entspannen und beispielsweise Rohstoffpreise wie schon in den letzten Monaten weiter fallen. In Schweden könnten laut Boverket die Baustoffpreise im 1. Halbjahr 2023 leicht sinken.

Im Zuge der Zinswende zeigte sich nicht nur der deutsche Wohnimmobilieninvestmentmarkt im Jahr 2022 verhaltener. Das Transaktionsvolumen am Wohninvestmentmarkt in Deutschland betrug laut CBRE 13,5 Mrd. € und lag damit 73 % niedriger als im Vorjahr. Die Differenz ist zum einen auf die 2021 getätigte Großtransaktion, die Übernahme der Deutsche Wohnen SE durch die Vonovia SE zurückzuführen, zum anderen befindet sich der Markt laut CBRE in einer Preisfindungsphase, die durch das neue Zinsumfeld ausgelöst wurde und ebenfalls zum Rückgang des Investitionsvolumens beiträgt. Vor diesem Hintergrund stiegen die Spitzenrenditen in den Top-7 Städten an. Gleichzeitig stiegen die Mieten in den Top-7 Städten. Am schwedischen Transaktionsmarkt wurden laut Colliers im Jahr 2022 Immobilien im Wert von 19,3 Mrd. € gehandelt, etwa 42 % weniger als im Vorjahr. Gemessen am Umsatz bildeten Wohnimmobilien mit einem Anteil von 29 % (2021: 33 %) das größte Segment. Laut EHL verzeichnete der österreichische Immobilieninvestmentmarkt im Jahr 2022 ein Transaktionsvolumen von rund 4 Mrd. €, rund 10 % weniger als im Vorjahr. Der Anteil des Segments Wohnen betrug 31,3 % und lag damit niedriger als im Vorjahr (2021: 34,8 %).

Zu den wohnungspolitischen Entwicklungen im Jahr 2022 und zu Jahresbeginn 2023 gehören in Deutschland z. B. Änderungen bei der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Seit Februar war die Beantragung von BEG-Sanierungsprogrammen wieder möglich. Im April wurde die BEG-Neubauförderung, mit geänderten Förderbedingungen, wieder aufgenommen. Eine Reform der BEG ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Damit gelten neue Bedingungen für die Sanierung zum Effizienzhaus-Standard und für Einzelmaßnahmen. Seit dem 1. März 2023 fördert die Bundesregierung außerdem den Bau besonders klimafreundlicher Gebäude mit günstigeren Krediten. Beim Gebäudeenergiegesetz (GEG) hat sich zum 1. Januar 2023 beim Neubau das zulässige Primärenergieniveau verschärft. Außerdem trat am 1. Juli 2022 die Reform des Mietspiegelrechts in Kraft. Für Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern sind Mietspiegel seitdem Pflicht. Weiterhin beschloss das Bundeskabinett 2022 den Entwurf eines Gesetzes zur Aufteilung der CO2- Kosten zwischen Vermieter und Mieter, welches zum 1. Januar 2023 in Kraft trat. Eine für 2023 anstehende Erhöhung des CO2-Preises wurde auf 2024 verschoben. Der lineare AfA-Satz zur Abschreibung von Wohngebäuden wurde zum 1. Januar 2023 von 2 auf 3 % angehoben. Das gilt für Wohngebäude, die ab Anfang 2023 fertiggestellt werden. In Schweden wurde die Investitionsförderung für Mietwohnungen eingestellt, sie kann nach Ende 2022 nicht mehr gewährt werden. Eine Wiedereinführung in geänderter Form sei laut Savills durchaus möglich. Zum 1. April 2022 wurden in Österreich die Richtwert- und Kategoriemieten erhöht. Zudem kam es 2022 zu einer Einigung bezüglich der Reform der Maklergebühren, ab 1. Juli 2023 werde bei der Wohnungsvermietung das Bestellerprinzip gelten.